Gruselig. Mitten in Glasgow erscheint aus der Dunkelheit ein Helikopter über einem Pub und spricht:
„Ich bin ein Hubschrauberabsturz! Und ich verlange mindestens acht Tote! Das ist meine Forderung!“
So muss es sich wohl zugetragen haben in Schottland. Schließlich wurde das genau so in den Nachrichten gemeldet:
„Der Hubschrauberabsturz in Glasgow hat mindestens acht Tote gefordert.“ (WDR)
Solche tödlichen Forderungen sind auch aus vielen anderen Unfällen, Kriegen und Katastrophen überliefert – leider. Die Formulierung ist einfach nicht totzukriegen. Ereignisse können nichts fordern. Sie können etwas zur Folge haben oder zu etwas führen – aktiv etwas tun können sie aber nicht.
Ähnlich zweifelhaft ist auch die Wendung:
„Der Hubschrauberabsturz in Glasgow hat mindestens acht Menschen das Leben gekostet.“
So formuliert könnte das ungewollte Bild entstehen, die Todesopfer hätten vorsätzlich am Absturz mitgewirkt. Das haben sie aber ganz sicher nicht.
Ich empfehle deshalb die sachliche und neutrale Form:
„Bei dem Hubschrauberabsturz sind mindestens acht Menschen ums Leben gekommen.“
Das stellt auch klar, dass die Todesopfer keinerlei Einfluss auf das Geschehen nehmen konnten.
„Ums Leben kommen“ auch Menschen, die Opfer eines Bombenanschlags werden. In diesem Fall ist mir das allerdings nicht präzise genug, deshalb bevorzuge ich
„…sind mindestens zehn Menschen getötet worden„.
Diese Formulierung stellt klar, dass es sich um einen gezielten Angriff auf das Leben der Opfer handelte – eine Tötung also.
Für die Nachrichtensprache untauglich halte ich auch folgende Wendung, auf die mich der Kollege Felix Unholz aus der Schweiz via Twitter (@FelixUnholz) aufmerksam machte. Ich wurde im HR fündig:
„Wie viele Möwen in den vergangenen Jahren am Rhein bei Wiesbaden den Tod gefunden haben, konnte das Ministerium nicht sagen.“
Grundsätzlich sucht niemand den Tod. Auch Möwen nicht.
In diesem Zusammenhang noch ein ernstes Wort zur Suche nach dem Tod:
Selbstmorde haben grundsätzlich nichts in nachrichtlicher Berichterstattung zu suchen. Es gibt nur sehr wenige begründete Ausnahmen, z.B. wenn es sich um eine so genannte „Person der relativen/absoluten Zeitgeschichte“ handelt. Dann kann (nicht muss) das öffentliche Interesse überwiegen. Genaueres ist im Pressekodex erläutert.
(Bild: Susanne Peyronnet)
Leider hört man diese Formulierung ständig, aber auch im Duden findet sich keine Bedeutungsvariante, die sie rechtfertigen könnte:
„fordern –
1. einen Anspruch erheben und ihn nachdrücklich kundtun; verlangen
2. auffordern [lassen], sich im Zweikampf oder vor Gericht für etwas zu verantworten
3. (jemandem) etwas abverlangen; zu einer Leistung zwingen“
http://www.duden.de/rechtschreibung/fordern
Bei „hat sie/ihn das Leben gekostet“ finde ich irritierend, daß es sich anhört, als wäre, nachdem dieser Preis bezahlt ist, noch etwas übrig. Wenn mich ein Pullover 40 € kostet, habe ich ein paar € übrig. Wenn mich ein Unfall das Leben kostet, ist aber nichts mehr übrig.