Sie finden, Ihr Bad ist zu klein? Und die Küche auch? Es gibt eine sprachliche Luftpumpe, die nicht nur ihre bescheidenen Räumlichkeiten zu einem veritablen Palast aufpusten kann. Das Ventil passt auf alles, was groß und umfangreich dargestellt werden soll. Das Zauberwort heißt „Bereich„:
Machen wir zu Beginn eine Wohnungsbesichtigung, wie ich sie vor kurzem erleben durfte. 70 Quadratmeter unter dem Dach, zwei Zimmer. Als der Makler auch noch vom „Schlafbereich“ sprach, da wurde ich stutzig. Vorher war schon vom „Wohnbereich“ die Rede gewesen. Und vom „Kochbereich„. Und den „Sanitärbereich“ durfte ich auch in Augenschein nehmen. Meine innere Wette lautete, er würde jetzt gleich den „Vertragsbereich“ ansprechen – dem stand mein „finanzieller Bereich“ allerdings entgegen. Innere Wette verloren. Aber meine Aufmerksamkeit war geweckt. Wieso spricht inzwischen jeder von „Bereich„?
Der Makler hätte auch Schlafzimmer, Wohnzimmer, Küche und Bad sagen können. Aber was ist schon eine Küchennische gegen einen Kochbereich und ein 5qm-Klo gegen einen Sanitärbereich.
Im Nachrichtengeschäft werden wir mit ähnlich aufgeblasenen Begriffen belästigt. Zum Beispiel aus Politik und Verwaltung. Die NZZ berichtet über die jüngsten Regeln zum Energiesparen und meldet:
„Dieser Tatsache tragen die «Mustervorschriften der Kantone im Energiebereich» (MuKEn) Rechnung“
Schöne Abkürzung übrigens. Regeln für den Energieverbrauch hätten es vermutlich auch getan, aber das klingt natürlich weniger bombastisch.
Den vertrauten Klang der typischen Polizeimeldung hat dieser Beitrag der Schweriner Volkszeitung:
Im Kurvenbereich kam ein Pkw Suzuki Vitara ins Schleudern
Wenn das mal nicht bloß eine Kurve war.
Die sprachliche Luftpumpe „Bereich“ funktioniert eigentlich immer:
Von den Rückenschmerzen, die zu Schmerzen im Rückenbereich werden, über den Whirlpool, der zum Wellnessbereich deklariert wird bis hin zum Haltestellenhäuschen, das uns als Wartebereich angepriesen wird. Ich bin beinahe versucht, einen Wettbewerb der Bereiche auszurufen.
Natürlich ist der „Bereich“ kein Unwort, kein Begriff, der unbedingt gemieden werden sollte. Der DUDEN definiert sinnvolle Möglichkeiten:
Viele „Bereiche“ können durchaus präziser beschrieben werden – z.B. durch „Branche„, „Segment„, „Sektor„, „Raum„, „Region„, „Gebiet„, „Abteilung“ und weitere Begriffe – das liegt auf der Hand und darf auch gerne so im Manuskript stehen. Vielleicht gelingt es, diesen „PR-Sprech“ im „Redaktionsbereich“ noch zur Strecke zu bringen. Vorschläge können Sie da unten im „Kommentarbereich“ hinterlassen.
(Bild: Udo Stiehl)
Wie man sieht, ist der Katze die sprachliche Regelung vollkommen egal, solange der Katzenbereich groß genug und gemütlich ist.
Vergessen sei auch nicht der Bereich, der gerne von der Polizei angeführt wird und schlicht gestrichen werden kann: Im Bereich der X-Straße kam es zu einer Schlägerei. Heißt übersetzt: In der X-Straße kam es zu einer Schlägerei.
Da gilt es doch glattweg den Blogbereich zu schützen, damit sich nicht solche unernsten Figuren wie Clara H. im Kommentarbereich erheitert äußern können, sondern den Schicklichkeitsbereich wahren. 🙂
Wunderbare Beobachtungen. Einer meiner Lieblingssätze ist: „Im Bahn- und Bus-Bereich kommt es heute durch Arbeitsniederlegungen zu Fahrplanunregelmäßigkeiten.“ Das bedeutet wohl: Weil heute gestreikt wird, fahren Bahnen und Busse später.